Gefühle malen

Anfang Mai zeigte ich meine neuesten Bilder im Rahmen der offenen Ateliers der artspring berlin 2025.
Mit einem Besucher, einem älteren Herrn, sprach ich darüber, dass meine Bildmotive Gefühle sind – Gefühle, die ich abstrakt einfach besser umsetzen kann als gegenständlich. Er bat mich um ein Beispiel.

Unser Blick war gerade auf „Licht übernimmt“ gerichtet.

Licht übernimmt, 2024, 87/100 cm, Acryl auf Leinwand, 2.105 €

Ich begann, das Gefühl hinter dem Bild zu beschreiben:
„Die Grundstimmung ist, dass das Leben einem einen schwer zu verdauenden Brocken hingeworfen hat. Innerlich ziehen mal düstere Wolken auf, mal gibt es Hoffnungsschimmer. Klar ist: Es gibt einiges zu bearbeiten und zu transformieren. Und dann, nach einiger Arbeit, kommt der Moment, in dem das Licht – die Klarheit – sich Bahn bricht und eine Heilung nach der Drangsal der Transformation geschieht.“

Er betrachtete das Bild und meinte: „Das ist ja richtig komplex. Ich dachte an so etwas Einfaches wie Freude.“

Das Gespräch entfaltete sich weiter. Im Nachklang, auch durch Impulse anderer Besucher, wurde mir deutlich:
Gefühlsräume und mehrschichtige Gefühlserlebnisse auszudrücken, sie zu besprechen und gemeinsam zu reflektieren – das geschieht bestenfalls im Privaten.

In der Öffentlichkeit hingegen haben wir uns angewöhnt, Gefühle auf plakative Emoji-Abziehbilder zu reduzieren.
Immerhin besser, als sie gar nicht auszudrücken – wie es Männern über Generationen hinweg sozial auferlegt wurde.

Ich stehe dafür ein, Gefühle nicht nur auszudrücken, sondern ihnen Achtsamkeit zu schenken – und eine Form zu finden, die ihrer Komplexität und ihren feinen Verästelungen gerecht wird.

Für dieses Unterfangen braucht es Muße, scharfe Beobachtung und ein gutes Ausdrucksvermögen.
Alles Qualitäten, die das Leben ausgesprochen wertvoll machen.

Leisten wir uns diesen Luxus?

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