Die Gestaltung eines harmonischen Farbdialogs gelingt mir nicht immer.
Ich tue im Moment der Schöpfung mein Bestes, das Bild zu runden.
Wenn ein Bild sich ausgesprochen hat, dann gilt es zum Schluss zu kommen.
Was tun mit Bildfeldern, wo der Dialog nicht gelungen ist?
Ich lasse sie stehen und schließe Frieden mit dem Gewordenen.

Ich jage keiner perfekteren Version der aktuellen Schöpfung nach oder reduziere das Farbgeschehen auf die gelungenen Bereiche.
Ich schenke Misslungenem Raum und Daseinsberechtigung.
Das entspannt und beruhigt.
Wir kommen gesellschaftlich aus einem Perfektionsstreben an der Sache und sind menschlich dabei völlig untergegangen. Das Produkt wird perfekter und der Mensch bleibt mit seinen Unzulänglichkeiten dahinter zurück.
Die Falle der „prometheischen Scham“ nach Günther Anders1, dem Gefühl, sich Unvollkommen gegenüber seiner eigenen Schöpfung zu fühlen, besteht nur, wenn Misslungenes und Fehler im Optimierungszwang ausgeblendet oder ausgelöscht werden.
Anders drei Hauptthesen: dass wir der Perfektion unserer Produkte nicht gewachsen sind; dass wir mehr herstellen, als wir uns vorstellen und verantworten können; und dass wir glauben, das, was wir können, auch zu dürfen, führen uns tief in die Problematik, derer wir uns insbesondere im Umgang mit der Künstlichen Intelligenz ausgesetzt sehen.
Gerade die Fähigkeit Fehler zu machen, sie als solche wahrzunehmen und in den Prozess der Transformation und Heilung zu gehen, lässt uns innehalten im Machbarkeitswahn eines selbstzerstörerischen Perfektionsdrangs.
Fehler und Misslungenes gehören nicht ausgemerzt, sondern sind Zeichen unserer ureigenen Schöpfungsmacht und eine günstige Gelegenheit der prozesshaften Weiterentwicklung durch Transformation.
Verwandlungsprozesse bilden die Möglichkeit, Wahrheit komplexer auszudrücken.
Fehler und Misslungenes sind der Treibstoff für diese Bewegungen.
Mit meinen Werken rege ich an, sich mit allem anzunehmen, was man gerade ist. Allerdings ohne es sich darin bequem zu machen, sondern darin weiterzuentwickeln.
So gehen für mich gelungene Prozesse.
1 Günther Anders: Die Antiquiertheit des Menschen 1, C.H. Beck, 2. Auflage 2002